Vor kurzem bin ich von einer einwöchigen Wanderung entlang vom Pembrokeshire Coast Path zurückgekommen, mit vielen schönen Erinnerungen, positiven Gefühlen, einem deutlich leichteren Rucksack (das Proviant war ja schließlich aufgegessen worden!), ein paar Erinnerungsstücken und ein bisschen Farbe im Gesicht. Wie es zu dieser Wanderung gekommen ist, wieso ich alleine unterwegs war und wie es mir an den ersten drei Tagen so gegangen ist, könnt ihr im ersten Teil dieses Blogposts nachlesen.
Eine Frage, die mich vor dem Aufbrechen besonders beschäftigt hat, war wie es mir denn alleine in der Natur gehen würde und ob ich mich sehr einsam fühlen würde. Folgendes habe ich am zweiten Wandertag in mein Tagebuch geschrieben:
Einsam fühle ich mich beim Wandern eigentlich nicht, ich fühle mich in der Natur gut aufgehoben und habe doch die meiste Zeit das Gefühl, dass ich weiß was ich tue. 🙂 Bis jetzt gab es aber auch noch keine besonders schwierigen Situationen und auch das Wetter war mir bisher eher gnädig – wer weiß, wie ich mich sonst fühlen würde. Außerdem habe ich ja meine Tomtemi als Begleiterin mit und Martin, meine Mama und viele andere in meinem Kopf. Aber ich denke die schönen Momente, das Aufregende am Wandern, das würde ich alles noch viel toller und lustiger finden, wenn ich es auch mit jemand anderen teilen könnte. Müsste ich jetzt schon Bilanz ziehen, wäre diese: ich hab gesehen, ich schaffe das auch alleine, aber zusammen mit Martin macht es mir mehr Spaß.
Und genau so hätte ich es auch am Ende der Wanderung formuliert. Ich bin froh, dass ich dieses Abenteuer gewagt habe und nun weiß, dass ich eine mehrtägige Wanderung und Übernachtungen im Zelt auch alleine meistern kann. Dass ich mich dabei nicht besonders einsam gefühlt habe, hat – denke ich – vor allem damit zu tun, dass ich mich in der Natur wohl und geborgen fühle, entspannen kann und einfach so sein kann wie ich bin. Außerdem hat die wunderschöne Landschaft, das Gehen, die Blumen am Wegesrand sowie die Geräusche der Möwen tolle Erinnerungen an andere Naturerlebnisse in mir wachgerufen und so auch die Menschen, mit denen ich diese geteilt habe, näher zu mir gebracht….
Lasst mich jetzt aber noch etwas vom zweiten Teil der Wanderung erzählen:
Tag 4: Weberei-Besuch und unerwarteter Zeltplatz
Die Nacht im Jugendherbergsbett hat Wunder gewirkt: ich fühle mich nach guten 10 Stunden Schlaf wie ein neuer Mensch und habe wieder Energie um meilenweit zu gehen. Auch der Rucksack fühlt sich schon deutlich leichter an, sodass ich beschwingt losspaziere. Diese Extraportion Energie veranlasst mich dazu einen kleinen Abstecher zu einer „Woollen Mill“, einer Weberei, zu machen, die etwas abseits vom Weg liegt. Dort wird auch der Rucksack wieder ein bisschen angefüllt! 😉 Insgesamt wandere ich heute 24 km und genieße das Gehen sehr. Gegen Ende des Tages, in Porthgain und Abereiddy bekomme ich spannende Überbleibsel zu sehen aus der Zeit, wo hier Schiefer abgebaut, Ziegel gebrannt und Pflastersteine hergestellt wurden. Nur Zeltplatz kann ich keinen finden, denn ich wandere inmitten von Schafen. In Abereiddy beschließe ich Leute zu fragen, ob ich nicht vielleicht in ihrem Garten zelten darf – das hat ein bisschen Überwindung gekostet. Beim zweiten Haus bin ich erfolgreich und darf mein Zelt mit Blick auf den Strand aufbauen!
Tag 5: Ein tierreicher Tag
Ein gemütlicher Wandertag, denn ich habe heute nicht vor besonders weit zu gehen. Der Tag beginnt ganz ruhig – das Meer und der Himmel haben dieselbe graue Farbe, ich treffe unterwegs weder Menschen noch Tiere. Doch dann zwei Tiererlebnisse unterschiedlicher Art. Zuerst das positive: Bei St. Davids Head sehe ich zwei Schweinswale (engl.: porpoises)! Sie schwimmen nebeneinander her und immer wieder sieht man ihre schwarzen Rückenflossen aus dem Wasser tauchen.
Etwas später ein nicht ganz so angenehmes Erlebnis mit Pferden: Für eine Klopause lege ich meinen großen Rucksack am Weg ab und verschwinde hinter einem Busch. In der Zwischenzeit nähert sich eine Gruppe von etwa 30 Pferden, die offenbar beschlossen haben, dieses merkwürdige Ding inspizieren zu müssen. Misstrauisch beobachte ich das Geschehen aus etwa 100 Meter Entfernung: Ein Pferd nach dem anderen nähert sich meinem Rucksack und schnuppert daran. Was würden sie tun? Und würden sie mich wieder zu meinem Rucksack lassen? Ich habe großen Respekt vor Pferden und beschließe einfach abzuwarten. Nach einer für mich sehr unruhigen Viertelstunde verlieren sie ihr Interesse an dem Ding und entfernen sich wieder ein bisschen. Als ich den Rucksack auf meinen Rücken hieve, schauen sie mich verwundert an.
Ausgedehnte Mittagspause bei Whitesands, wo ich einige Postkarten schreibe und aufs Meer schaue. Als ich am Abend dann in St. Justinian’s mein Zelt aufschlage, kommt noch einmal die Sonne heraus und beschert mir einen wunderschönen Abschieds-Sonnenuntergang am Pembrokeshire Coast Path.
Tag 6: Letzter Wandertag
Der Himmel ist über Nacht wieder zugezogen und es ist eher kühl – perfektes Wanderwetter! Der – für mich – letzte Abschnitt des Pembrokeshire Coast Path ist auch wieder sehr schön und ich bekomme viele Blumen sowie einige Hasen zu sehen. Schade, dass das Wandern nun schon wieder vorbei ist, ich könnte noch tagelang weitergehen auf diesem herrlichen Weg. Es überwiegt aber die Vorfreude darauf Martin wiederzusehen, ihm meine Fotos zu zeigen und alles ganz genau zu erzählen. Meine Gedanken kreisen um die nächsten Abenteuer, die wir natürlich wieder gemeinsam bestreiten werden!
Zum Abschluss noch ein paar praktische Informationen zum Weg:
- Insgesamt ist der Weg fast 300 km lang, davon bin ich nicht einmal die Hälfte gegangen. Der Abschnitt, auf dem ich unterwegs war, liegt zur Gänze im Pembrokeshire Coast National Park.
- Wegbeschreibungen, Informationen zu Nächtigungsmöglichkeiten, Karten und Fotos finden man auf der National Trail Website.
- Ich hatte die Ordnance Survey Karte OL35 mit. Das ist nicht zwingend notwendig, da der Weg ausgezeichnet beschildert ist. Ich finde es aber immer sehr nett, mir die nächsten paar Kilometer auf der Karte anzuschauen, damit ich weiß was auf mich zukommt.
- Übernachten: Es gibt entlang des Weges unzählige Campingplätze, einige davon sind aber eher auf Wohnwagen-Camper ausgerichtet. Es ist auch möglich, nur in Jugendherbergen oder Hostels zu übernachten, wenn man bereit ist zum Teil etwas längere Etappen einzulegen
- Der Weg ist sehr gut an das öffentliche Busnetz angebunden, man kann die meisten Etappen-Endpunkte öffentlich erreichen.
- Wasser: Auf den meisten Etappen gibt es immer wieder öffentliche WCs, wo ich auch auch Wasservorräte aufgefüllt habe.
- Proviant: Ich hatte Essen für die ganze Woche mit und habe ein neues Wanderlieblingsgericht: Couscous mit würziger Salami und Tomatensauce! Man kommt aber unterwegs immer wieder durch Dörfer/kleine Städte, wo man einkaufen könnte. Direkt am Weg liegen allerdings keine Geschäfte.
- Handyempfang: Auf der Trail-Webseite wurde davor gewarnt, dass es teilweise keinen Empfang gibt. Tatsächlich habe ich es aber jeden Tag geschafft zuhause anzurufen – manchmal aber mit sehr wenig Empfang. Verlassen kann man sich aber nicht darauf, dass man jederzeit telefonieren kann.
Eine wirklich schöne Wanderung- Danke für deinen Bericht! Die Fotos am Wasser sind traumhaft! Danke!!!
Danke, Basti! Das freut mich, dass dir mein Bericht gefallen hat! Martin hat mir übrigens von der freudigen Neuigkeit bei euch beiden erzählt – herzlichen Glückwunsch! 🙂 Alles Liebe, Mimi
Wunderbar! Danke für diesen detaillierten Bericht und die vielen Sehnsuchtsbilder …. Wenn man das richtig kalkuliert und nicht meint, täglich 30 Km runterreissen zu müssen, könnten das doch Kaliber wie Peter und ich (abschnittsweise) auch packen – zugegeben nicht mit Wochenrationen und Haus und Bett auf dem Rücken ….
Sehr gerne, es hat Spaß gemacht, meine Erinnerungen und Eindrücke schriftlich festzuhalten! Ich bin mir sicher, dass euch dieser Wanderweg auch gut gefallen würde, er ist auch ohne Zelt sehr gut machbar (man muss nur ein bisschen mehr planen, Unterkünfte reservieren etc.) LG, Mimi
Wunderbar finde ich deine Weg- und auch Seelenbeschreibung! Daraus ließe sich ein feines Geburtstagsgeschenk (irgendwann, für mich) als Fotobuch machen!
Alles Liebe und bis bald
Papa
Hallo Papa, danke! Die Wanderung hat mir richtig gut getan – und die positiven Gefühle halten an 🙂 Ich werde mir das mit dem Geburtstagsgeschenk einmal notieren… Mimi
Liebe Mimi 🙂
ich bin jetzt endlich dazu gekommen, deine Blogs und dein Video zur Gänze zu lesen bzw. anzusehen. Obwohl ich von mir selber dachte, dass alleine zu wandern nichts für mich wäre, machst du es mir doch schmackhaft 🙂
Du wählst so wunderbare Worte, um deine Wanderung und auch deine Gedanken zu beschreiben! Die Fotos sind aber auch ganz toll geworden!
Dankeschön für deinen schönen Bericht 🙂
Liebe Anna, vielen Dank über deinen lieben Kommentar! Ich freu mich sehr, dass dir mein Bericht über die Wanderung gefallen hat. Ich hab mir bisher auch immer gedacht, dass Wandern alleine nichts für mich ist. Aber der Wunsch mich alleine einer Herausforderung zu stellen, hat den Anstoß gegeben! Alles Liebe, Mimi